Antwort von Frank Mienhardt , Baurechts- und Denkmalamt,  Abteilung Denkmalpflege der  Stadt Konstanz auf Anfrage eines unserer Mitglieder. Sie stellt die lesenswerte Entwicklung des Baues dar. 

"Das derzeitige Umbauvorhaben gründet, wie allgemein bekannt bzw. bereits kommuniziert, auf einem vereinsinternen Architekturwettbewerb der Jahre 2012/13, der unter Vorsitz von BM Kurt Werner vom Vereinsvorstand, externen Fachleuten und  Mitarbeitern der Stadtverwaltung, darunter auch dem Unterzeichner als Vertreter der städtischen Denkmalpflege, juriert wurde. Nutzungsbezogene Zielstellung war eine Erweiterung des Raumangebots gemäß heutiger Anforderungen des Rudervereins. Vorbereitend fand eine eingehende Auseinandersetzung mit der Historie und dem Denkmalwert des RV Neptun statt, welche dazu dienen sollte, den Wettbewerbsbeiträgen eine denkmalverträgliche Richtung zu geben. Für diese Grundlagenermittlung, verbunden mit einer Sensibilisierung aller Beteiligten für die besondere architektonische Qualität des seit 1989 denkmalgeschützten Baubestandes, zeichnete seinerzeit maßgeblich die städtische Denkmalbehörde verantwortlich.

Der Ruderverein Neptun wurde 1954/55 von Hermann Blomeier als modularer Stahlskelettbau errichtet. Blomeier konzipierte dabei zwei Bauabschnitte, ausgeführt wurde lediglich der erste seerheinseitige Abschnitt. Der zweite, zur erhöhten Spanierstraße orientierte Bauabschnitt blieb aus rein finanziellen Gründen unausgeführt. Stattdessen blieben die älteren Bootsschuppen weiterhin stehen. Dadurch präsentierte sich der „Neptun“ über all die Jahre straßenseitig mit einer ungestalteten Rückseite als nicht vollendeter Torso.

Diese Ausgangslage machten sich sämtliche damaligen Wettbewerbsbeiträge zunutze. Eine Erweiterung des 1950er-Jahre-Baus „im Geiste Blomeiers“ nach Norden sollte das Raumangebot des Rudervereins vergrößern und zugleich den historischen Bestand dem Originalzustand annähern. Der Blomeierbau wurde nämlich durch mehrere Modernisierungsschübe in den Folgejahrzehnten teils bis zur Unkenntlichkeit entstellt. Nach einhelliger Fachauffassung des Preisgerichts setzte der derzeit in Realisierung befindliche Entwurf des Büros Bächle Meid die übergeordnete Aufgabenstellung am Konsequentesten um. So beinhaltet dieser Entwurf die komplette Rekonstruktion der ganz auf den Stadt- und Landschaftsraum bezogenen Seerheinseite, den behutsamen Umgang mit untergeordneten, jedoch noch gut überlieferten Bauteilen zum Innenhof und ein konsequentes Weiterbauen nach Norden zur Spanierstraße, das einerseits Bezüge zur Blomeierkonzeption herstellt und andererseits eine formale Eigenständigkeit für sich in Anspruch nimmt. Dies bezieht sich auch auf die Materialgebung, die im Zuge des baurechtlichen Verfahrens konkretisiert wurde. Während Blomeier die Materialien Stahl, Klinker und schalungsrauer Sichtbeton kombiniert (letzterer durch Veränderungen heute nicht mehr äußerlich erkennbar), verfolgen die heutigen Architekten einen eher monolithischen Ansatz, um – nach eigenen Angaben – auf den Geländeversprung und die Entwurfsidee eines organischen Übergangs in den öffentlichen Raum angemessen reagieren zu können. Die Klammer zwischen „Alt und „Neu“ sind u.a. das gemeinsame Raster, das sich im Neuteil durch die Maße der Tür- und Fensteröffnungen ausdrückt, die konsequente Übernahme der Baufluchten und nicht zuletzt die Materialästhetik, wie sie für die Architektur der Nachkriegsmoderne kennzeichnend ist.

Es versteht sich wohl von selbst, dass einem derartigen Bauprojekt im Rahmen des Bauantragsverfahrens denkmalschutzrechtlich zuzustimmen war, mehr noch: Die Baumaßnahmen – vollständig umgesetzt – beinhalten letztlich die Wiederherstellung eines in der Vergangenheit arg strapazierten Baudenkmals; gerade auf diesen Umstand haben wir mit externen Partnern, allen voran Prof. Andreas Schwarting von der HTWG und Christoph Blomeier, Sohn des Erbauers uns selbst versierter Architekt, im Rahmen einer flankierenden Öffentlichkeitsarbeit immer wieder hingewiesen. Vorrangige Aufgabe der Denkmalpflege ist dabei der Einsatz für den Erhalt der denkmalkonstituierenden Bausubstanz und die öffentliche Sensibilisierung hierfür, im Weiteren auch das Einfordern einer Auseinandersetzung mit dem Bestand, was den Erweiterungsbau betrifft bis hin zu Fragen der baulichen Fügung an diesen Bestand. Stilkritik ist hingegen keine oder zumindest keine vorrangige Aufgabe der Denkmalpflege. Dass der Unterzeichner ungeachtet dieser Prioritätensetzung die Qualitäten des „Neuen“ umfänglich (an)erkennt, wurde durch das Beschriebene deutlich."

Sachrelevanter Auszug aus der Email von Herrn Mienhard an Prof. Dr. Millauer vom 3.12. 2020. Herr Mienhard wird Gast an einem der kommenden Vorstandssitzungen des BGP sein

 

Bitte registrieren Sie sich, um Kommentare zu schreiben!

Kommentare powered by CComment