Verein Bürgerpark Büdingen e.V. &
Bürgergemeinschaft Petershausen e.V.

Erklärung beider Vereine zu den Ausführungen von Herrn Walter Rügert, Pressesprecher der Stadt Konstanz im Südkurier vom 21.8.2010 zu:

Grün in Konstanz allgemein und Petershausen im Besonderen

Der Pressesprecher der Stadt Konstanz, Walter Rügert, liefert eine eindrucksvolle Grünflächenbilanz für die gesamte Stadt Konstanz (SK vom 21.8.10). Und wer wollte leugnen, dass wir wirklich sehr schöne Grünbereiche in unserer Stadt haben, z. B. den Lorettowald, bestimmte Seeuferbereiche u.a. Unsere Stadt ist in weiten Bereichen eine schöne Stadt und sollte es für seine Bewohner und Gäste auch bleiben. Aber eine Grünflächenbilanz für die gesamte Stadt läuft Gefahr, an den Gegebenheiten einzelner Stadtteile vorbeizugehen.

Petershausen beispielsweise sieht sich massiven baulichen Veränderungen gegenüber. Die städtebauliche Entwicklung im Gebiet des Rahmenplans "Quartier Bf. Petershausen" ist eine beachtliche Leistung der Verwaltung. Und grundsätzlich verbessern sich die Wohnverhältnisse, wenn Wohnbebauung in ehemalige Gewerbeflächen nachrückt.

Aber hier sieht es aus, als kämen wir "vom Regen in die Traufe": Ca. 2000 Menschen mehr in diesem schon beengten Ortsteil bleiben nicht ohne Wirkung auf die Umweltqualität. Die neuem Bewohner benötigen eine Infrastruktur mit diversen Dienstleistungsangeboten und haben Anspruch auf "Natur", und nicht nur begrünte Flächen.

Petershauser Park ("Hindenburgblock")Die Aufbringung von Erde mit einer Tiefe von 40 bis 60 cm auf betonierte Tiefgaragendächer ist keine echte und nachhaltige Alternative zum Naturbestand. Große Kastanien wie die hundertjährigen an der von-Emmich-Straße / Petershauser Straße werden darauf nicht entstehen. Eine gute Mischung zwischen Renaturierung und Wohnbebauung wäre wohl vernünftig gewesen, vergleichbar etwa mit den Verhältnissen am Georg-Elser-Platz. Die seit etwa 2000 herrschende Nachverdichtungseuphorie hat dies offenbar nicht zugelassen, nicht zuletzt getrieben von finanziellen Vorteilen, auch für die städtischen Kassen. Die schnell erkannte Win-win-Situation (für die Stadt, die städtischen Wirtschaftsunternehmen, die Bauunternehmen, Architekturbüros, Gutachter, Kreditanstalten u. a.) hat nur einen Verlierer: die Bürger mit ihrem natürlichen Interesse an ausgedehnten Spielplätzen und Erholungsräumen in unmittelbarer Nähe ihrer Wohngebiete. Denn ganz offensichtlich sind die Innenräume der "Hof"-Bebauung nur beschränkt tauglich für Spiel, Erholung und Begegnung, ganz anders als im seinerzeit vom Architekten und Oberbaurat Paul Jordan geplanten "Petershauser Park", dem sogen. "Hindenburgblock".

Wir haben erhebliche Zweifel, wie viele Kinder ab 4 Jahren selbständig von südlich der Bahngleise über die Z-Brücke auf die nördlich geplanten Spielplätze gehen werden. Trotzdem ist jetzt die Erhaltung der bestehenden Grünflächen nördlich der Bahnlinie geboten.

Wir wollen, dass die Stadtplanung sich an gewachsenem Grün orientiert und nicht erst nachträglich wieder "begrünt".

Wir wünschen eine enge Verflechtung von Wohn- und Grünbereichen.

Der Hinweis von Herrn Rügert auf die hervorragende Verzahnung der Kernstadt mit der freien Landschaft und dem Bodenseeufer ist wenig tröstlich, da auch an letzterem zahlreiche Bausünden begangen wurden und noch zu befürchten sind (u.a. Verdichtung an der Seestraße). Nach Meinung eines städtischen Baumgutachters befindet sich der Büdingen-Park in einem schlechten Zustand – Ergebnis der vom Eigentümer unterlassenen erhaltenden und aufbauenden Pflege. Unverändert nachdrücklich setzen wir uns dafür ein, dass der Park für die Öffentlichkeit zugänglich wird.

Noch einmal: Es geht den den Bürgergemeinschaften vorrangig um die gewachsenen grünen Inseln inmitten der Bebauung, die man nicht antasten sollte, auch dann nicht, wenn es kurzzeitig materielle Vorteile gibt.

Dr. Dietrich Sternberg Henrich Tiessen

Verein Bürgerpark Büdingen e.V. Bürgergemeinschaft Petershausen e.V.

 

Auch die zweite Stadtteilführung der BGP mit Daniel Gross stieß auf lebhaftes Interesse

Petershauser VolksschuleEtwa Petershauser Volksschule-290 Besucher fanden sich am Samstag, 17. April 2010 um 14 Uhr vor der St.-Gebhards-Kirche ein, um an der Fortsetzung der letztjährigen 1. Stadtteilführung (März 2009 Petershausen Ost) unter Leitung von Daniel Gross teilzunehmen. Vom Portal-Vorplatz ließ Daniel Gross zunächst den Blick auf die 1909 eingeweihte "Volksschule Petershausen" schweifen: Stadtbaumeister Paul Jordan errichtete den Jugendstil-Bau auf freiem Feld, so dass alle vier Seiten dieses eindrucksvollen Gebäudes sehr attraktive Schauseiten sind, was wegen der Bausünden der Nachgeborenen allerdings kaum mehr erlebbar ist.

St. Gebhardskirche innenDie zunehmende Bevölkerungszahl in Petershausen führte – nach einer Notkirchen-Zwischenlösung, (1916 s. Bild unten) auf dem Gelände des heutigen Fernmeldehochhauses – zum Bau der schlichten St.-Gebhardskirche im Jahre 1929, an deren Ausstattung der in der Bodenseeregion vielfältig tätige Konstanzer Bildhauer Paul Diesch mitwirkte (der hier Kanzel, Maria mit Jesuskind, Josef und die Kreuzwegstationen gestaltete). Im Innenraum wusste Daniel Gross einer aufmerksam lauschenden Gemeinde viel Wissenswertes über diese Kirche und ihre Bedeutung in der Petershauser Entwicklung zu berichten.

Auf dem Weg zum Petershauser Westen südlich der Bahnlinie zitierte Daniel Gross zeitgenössische Stimmen aus den 20er Jahren, die die mangelnde Gesamtplanung bei der Bebauung Petershausens kritisierten. Man habe einzelne Blöcke ohne Zusammenhang in die Landschaft gesetzt; das erkläre bis heute die Uneinheitlichkeit vieler Straßenzüge gerade im westlichen Petershausen, s. a. "Wohnen und arbeiten in Petershausen" – neben dem Bild Gebhardskirche/Th.-Heuß-Straße.

Die Lacher hatte der Stadtführer auf seiner Seite, als er darauf verwies, dass beim Bau der Jägerkaserne 1912/13 der Kostenvoranschlag für die Erschließung des Geländes um das Achtfache zu Lasten der Stadt gestiegen sei (!).

BahnhofsgelaendeAn der v.-Emmichstraße im Südosten des neuen Stadtteils auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs plädierte Dr. Sternberg (Berater in der BGP) leidenschaftlich für den Erhalt der prächtigen Kastanienbäume. Keith Harris (ebenfalls Berater in der BGP) erläuterte kurz die Bauvorhaben auf "Petershausens Neuer Mitte" zwischen Petershauser- und Schneckenburgstraße.
Auf nebenstehendem Bild sind beide Themen dargestellt, (aufgenommen am 16.4.09 vom Hochhaus). Die Bauplanung des Gebietes südlich der Bahnlinie ist inzwischen abgeschlossen, die Planung des Sanierungsgebiets Nord (im Bild rechts hinten) ist in Arbeit, und wird von der BGP aufmerksam verfolgt.

Viele Teilnehmer hatten noch nie den Innenhof der ten-Brinkschen Arbeitersiedlung zwischen der v.-Emmichstraße und Markgrafenstraße beachtet. Diese galt in ihrer Entstehungsgeschichte um 1903 mit ihren Bad- und Heizungsausstattungen als ausgesprochen modern und war ein Konstanzer Beispiel für die Versuche von Unternehmern, durch Wohnungsbau speziell für Arbeiter deren Wohnungsnot zu mildern, und ihre politische Radikalisierung zu verhindern.
Am Haus Nr. 4 der St. Gebhardstraße erinnerte Daniel Gross an den Widerstandskämpfer Georg Elser, der in seiner Konstanzer Zeit u.a. einige Monate dort gewohnt hatte.

Ehemal. SchneckenburgIm Bereich des Herosèparks und des Ufers der "Stadt am Seerhein" ging Daniel Gross kurz auf die ehemaligen Industriebetriebe an diesem Standort ein und widmete sich dann der "Schneckenburg". Das jetzt noch bestehende Gebäude ist ein Barockbau aus dem 17. Jh., der aber vielfach umgebaut wurde, (mit einer Stuckdecke im Erdgeschoss um 1700). Bekannt wurde das Haus als sog. "Bischofsvilla". Dieser Name hat aber nichts mit den Konstanzer Bischöfen zu tun, allenfalls mit dem zeitw. Sitz eines Bischöflichen Beamten, eher jedoch mit einer Familie Bischofinger (?), die dort ausser der Fam. Gabriel Herosè wohnte. Heute ist das Haus am Seerhein auflockernd in die Häuserzeile der Neubauten integriert, und wird vom Kulturwissenschaftlichen Kolleg der Universität Konstanz genutzt.

Hindenburgblock-innenVorbei Hindenburgblock-Suedan der Bruder-Klaus-Kirche (Architekt Max Schätzle 1952), mit ihrem freistehenden Glockenturm (im Volksmund "Petershauser Campanile"), führte der Rundgang zum sog. "Hindenburgblock", heute "Petershauser Park". Der charakteristische Innenhof dieses "Prachtstücks städtischer Wohnkultur", von Stadtbaumeister Paul Jordan 1926/27 errichtet, kann mit seinen herrlichen Baumalleen, Pappeln und kleinen Gärten heute noch Bewohner und Besucher begeistern (weitere Bilder siehe unten).
Die Führung endete am Gottmannplatz, benannt nach einer bekannten Konstanzer Unternehmer-Familie, die der Stadt eine Stiftung vermachte, und deren Nachkommen noch heute dort leben.

Die Rundang-Teilnehmer hatten das gute Gefühl, viele Hintergründe von der Vergangenheit und Gegenwart unseres Stadtteils erfahren zu haben, und dankten es Daniel Gross mit herzlichem Beifall.

Anschließend weitere Bilder zum Rundgang:

Dreimal der gleiche Platz

Schule-Kirche-Sierenmoos St. Gebhardsplatz 1960 Fernmeldehochhaus

Bild links: Eine sehr interessante Aufnahme aus den 1920er Jahren: Unten die St. Gebhards-"Notkirche" erbaut 1916, 1929 durch den Neubau gegenüber ersetzt, Elemente davon wurden für den Bau der St. Suso-Kirche verwendet. In der Mitte die Schule, oben die Neubauten der "Sierenmoos-Siedlung" an der Allmannsdorfer Straße. Bild mitte: Lange lag der Platz ungenutzt, im Juli 1960 wartet ein Festzelt auf das vom Musikverein Petershausen zu veranstaltende Verbands-Musikfest. Bild rechts: Schließlich ab 1970 die Bebauung mit dem "Telekom"-Hochhaus, das mit seinen 40 Jahren bereits eine wechselvolle Geschichte erlebt hat.

Der "Hindenburgblock"

Petershauser Park-2

Ein anspruchsvoller Titel – aber wenn man sich umschaut...

Hindenburgblock-innen-2 Hindenburgblock-innen-5 Hindenburgblock-innen-4

Ein kurzer Blick ins Archiv

Notkirche 1916

Die "Notkirche" St. Gebhard 1916, im Hintergrund die Jägerkaserne

Fa. Gottmann Prospekt

Prospekt der Fa. Gottmann, einer der legendären Arbeitsplätze

Jaegerkaserne

 

Petershausen als Garnison-Standort mit zwei von drei Kasernen (Jägerkaserne)

Gasthaus z. Schuetzen

Nostalgie für viele heute noch Lebende: Gasthaus "Zum Schützen" am Zähringerplatz

Delislesche Gut

Das "Delislesche Gut" an der Reichenaustraße

Gasthaus z. Sternen

Heute wieder Haltepunkt für die Busse: Gasthaus "Zum Sternen" als Namensgeber