Alle Konstanzer Ortsteile haben ein eigenes Wappen. Bei den ehemals eigenständigen Teilorten Allmannsdorf, Wollmatingen, Litzelstetten, Dingelsdorf und Dettingen-Wallhausen war die Wappenfrage klar. Sie alle sind erst im 20. Jh. in die Kernstadt eingemeindet worden und haben ihre eigenen Wappen sozusagen "mitgebracht". Deren Eingemeindungs-Jahre sind in der vorgenannten Reihenfolge: 1915, 1934, 1971, 1975 und ebenfalls 1975, die letzten drei im Zuge der Gemeindereform von 1968. Diese Wappen werden ortsteilbezogen von offiziellen Stellen und auch von Vereinen benutzt und so von der Öffentlichkeit wahrgenommen.

Bei unserem Petershauser Wappen haben wir eine andere Situation. Dieser Stadtteil war "von jeher" (genau genommen seit 1417) ein Teil von Konstanz, und diese Stadt hatte schon ein Wappen, wozu also noch eines? Über vierhundert Jahre zuvor handelte es sich ja "nur" um ein Klosterwappen, also eine Angelegenheit des Bistums. (Lesen Sie dazu eine Erklärung des Stadtarchivs Konstanz am Ende dieses Artikels).

Kloster WappenAls solches ist es auch im großen Wappenbuch von Johann Ambrosius Siebmacher (1561-1611) verzeichnet – Band 1, Tafel 87 – zu sehen im Stadtarchiv Konstanz.
Die Inhalte dieses Wappens – Schlüssel und Fisch – sind als Symbole des Apostel Petrus zu deuten. Die Zusammenhänge mit der Gründung des Klosters Petershausen und damit unseres Stadtteils, sowie dessen Namensgebung haben wir bereits auf unserer Seite Der Benediktinerplatz betrachtet.

Abt Johann VII 1518 - 1524Nun gibt es bei der Gestaltung eines Wappens unter Beachtung historischer und heraldischer Vorgaben offensichtlich einigen Spielraum. So hatte wohl jeder der 54 Petershauser Äbte seine "Insignien" im ursprünglichen Wappen ausgetauscht, hier als zweites Beispiel das Wappen von Abt "Johann VII" Merk (1518-1524). Auf die unterschiedliche Schrägteilung der Felder komme ich noch zurück.

Als "Bürgergemeinschaft Petershausen e.V." sehen wir uns auch der Pflege des Kulturgutes in unserem Bereich verpflichtet und wollen deshalb u.a. dazu beitragen, den Bekanntheitsgrad des Petershauser Wappens zu fördern. Neuland betreten wir damit jedoch keineswegs.

Wappen MVE 2Der "Musikverein Eintracht Petershausen" verwendet es seit 50 Jahren als Vereinswappen. Als Ausrichter des Verbandsmusikfestes 1960 (auf dem Platz steht heute das "Fernmeldehochhaus") brauchte man ein eigenes Vereinssymbol. Was lag da näher, als im Stadtarchiv Konstanz nach einem zum Stadtteil gehörenden Wappen zu suchen. Nachdem sich in der Neuzeit offenbar noch niemand diese Mühe gemacht hatte, fand der damalige Vorsitzende Alfred Betz (1904-1972) dann auch die Vorlage zu diesem Wappen im Stadtarchiv und holte sie "ans Licht der Öffentlichkeit". Seitdem gehört es in dieser Gestaltung zum Erscheinungsbild des MV "Eintracht" Petershausen. Auf den Einsatz von musikalischen Symbolen wie Notenschlüssel hat man bewusst verzichtet.

Wappen Ph transpBei Einsatz eines Wappens als Identifikationsmittel im profanen Bereich ist dessen Ursprung (hier aus dem Klosterwappen) eigentlich zweitranging. Was bleibt, ist der Wiedererkennungswert für den Benutzer, wie das bei den anderen Ortsteilwappen (mit welchem Motiv auch immer) eben auch der Fall ist. Es wäre zu hoffen, dass dieses Wappen vermehrt auch bei anderen Gelegenheiten, die mit unserem Stadtteil zu tun haben, eingesetzt wird. Nach dem Musikverein wollen wir als "Bürgergemeinschaft Petershausen e.V." damit fortfahren, zumal die Sichtbarmachung dieses Wappens nach Einschätzung des Mediävisten Dr. Harald Derschka eine "Bereicherung der politischen Ikonographie von Konstanz wäre". Schade eigentlich, dass es von öffentlichen Institutionen bisher ignoriert wurde.

Dem aufmerksamen Betrachter wird auffallen, dass die Wappen auf dieser Seite Unterschiede aufweisen, die man vielleicht etwas erläutern sollte. Abgesehen von der moderneren (heraldisch korrekten) Farbgebung Blau und Silber, die wir als Petershauser Vereine gemeinsam anwenden, weicht die Schrägteilung der Wappenfelder voneinander ab. Das Wappen des Musikvereins übernimmt die Aufteilung aus dem "Siebmacherschen Wappenbuch", also vom Betrachter aus gesehen von links oben nach rechts unten. Das könnte ein Irrtum von Siebmacher gewesen sein, denn diese Darstellung wurde von ihm aus dem "Staatswappen des Großherzogtums Baden" (Bild rechts oben) übernommen. Dort hatte man das Wappen gespiegelt, damit der Fisch dem "Badischen Schild" mit den Augen, und nicht mit der Schwanzflosse "die Ehre erweist".
Historisch richtig ist demnach wohl die Form im Wappen des Abtes Johann VII., also Schrägteilung von links unten nach rechts oben. Eine Information, die der Musikvereinsvorsitzende (mein Vater) damals nicht hatte. Diese Darstellung muss jedoch deshalb nicht unbedingt falsch sein (s. o. "Gestaltung..."), viele andere Wappen kann man beliebig spiegeln – sie bleiben immer gleich, eine weitere Besonderheit unseres Wappens.

An dieser Stelle möchte ich mich bei Herrn Dr. Harald Derschka, Historiker an der Universität Konstanz sehr herzlich für die fachkundige Beratung bedanken.
Ebenso herzlichen Dank an Herrn Kuthe und Herrn Fromm vom Stadtarchiv für die Bereitstellung der Informations-Quellen.

Auch zu diesem Thema würde sich die BGP über Kommentare in unserem Gästebuch oder mittels Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! sehr freuen.

Wolfgang Betz

Auf unsere Anfrage zum Thema erhielten wir von Frau Dr. Silke Schöttle vom Stadtarchiv Konstanz nachstehende Information, die wir hier kommentarlos wiedergeben möchten, ergänzt am 7.5.2019:

 Wappen der Reichsabtei Petershausen

Ihre Anfrage vom 01.04.2019 / Unser Zeichen: K – 371

Sehr geehrter Herr Betz,

für die Annahme eines Wappens durch Städte und Gemeinden gibt es ein Genehmigungsverfahren, das für die Gemeinden beim Landratsamt und für die Städte beim Innenministerium angesiedelt ist und zwar in Zusammenarbeit mit den Wappenreferaten beim Generallandesarchiv in Karlsruhe (für die Regierungsbezirke Karlsruhe und Freiburg) und beim Hauptstaatsarchiv Stuttgart (für die Regierungsbezirke Tübingen und Sigmaringen). Aufgelöste bzw. seit jeher nicht existente Kommunen wie Petershausen können offiziell kein Wappen beantragen.

Nun zur Weiterverwendung des Wappens durch die Vereine: Da es die Reichsabtei Petershausen nicht mehr gibt, ist das Wappen als gemeinfrei einzustufen. Dennoch darf ein neu angenommenes Wappen keinem anderen genau gleichen und sollte daher mit Beizeichen versehen sein, um die Unterscheidung deutlich zu machen. Diese wiederum sollten den heraldischen Regeln entsprechen. Auch ist es angebracht, den Rechtsnachfolger des einstigen Wappens zu informieren (Wahrung der Rechte Dritter). Der Rechtsnachfolger der säkularisierten Reichsabtei Petershausen ist das Land Baden-Württemberg und keinesfalls das Bistum, wie es auf Ihrer Homepage falsch verstanden werden könnte. Im Falle der Gesamtneugestaltung eines Wappens wären Urheberrechte zu beachten.   

Mit freundlichen Grüßen

Silke Schöttle

 

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